Ein kleiner Reisebericht zu meinem Aufenthalt in „meinem“ buddhistischen Kloster auf Hawaii und meiner Suche nach Gleichmut
Mein Gleichmut ist schon etwas verblasst. Ich sitze mit leicht wehmütigem Gefühl an meinem Schreibtisch. Vor ein paar Tagen erst bin ich aus Hawaii zurückgekommen. Ich habe dort „meinem“ buddhistischen Kloster mal wieder einen Besuch abgestattet und für ein paar Wochen meditiert und praktiziert.
Das Lotus Buddhist Monastery liegt nahe dem Mauna Kea in den Bergen von Big Island, der größten der hawaiischen Inseln. Der Mauna Kea hat dort letztes Jahr enorm gespuckt, aber jetzt schläft er wieder. Die Lavaströme sind einfach über Straßen hinweggerollt. Meterhohe Wände von frischem Gestein machen eine Durchfahrt unmöglich.
Dort oben in den Bergen ist es kühl im Vergleich zum Flughafen in Hilo. Der liegt direkt am Meer. Wenn die Sonne scheint, wird es dennoch sehr warm und man holt sich schnell einen Sonnenbrand. „Unten“ kann es auch jetzt im Winter locker 25 Grad oder mehr haben. Aber das Meer bringt auch Feuchtigkeit und rasante Wetterumschwünge. Immer wieder Regen, vor allem in den höheren Lagen. Er kommt oft überraschend. Ohne Schirm sollte man nicht vor die Tür gehen, denn was einmal nass geworden ist, das braucht Tage, um wieder zu trocknen, weil die Luftfeuchtigkeit hoch ist.
Gleichmut entsteht durch Rhythmus
Der gleichmäßig stetige Rhythmus des klösterlichen Lebens mit festen Meditations- und Übungszeiten gibt einen Rahmen vor, dem man sich einfach hingeben kann. Zu festen Zeiten gibt’s Frühstück, Mittag- und Abendessen, Meditationen, Singen, Gehen, Arbeitseinheiten…. Es gibt z. B. Küchendienste wie gemeinsames Gemüse schnippeln, Geschirr spülen und vieles mehr. Am großen Whiteboard vor dem Plaza stehen die Namen, die sich für den jeweiligen Dienst einfinden sollen. In den Bädern hängen Zettel, in die man sich eintragen kann, um Putzdienste zu übernehmen. Jeder hilft mit.
Das Kloster hat auch eine große Farm, wo das eigene Gemüse angebaut wird, das es täglich in vielfältiger Weise zubereitet zu essen gibt. Auf der Farm leben viele verschiedene Tiere. Pfauen laufen frei herum, Gänse schnattern, Truthähne gurren, Frösche quaken, Vögel zirpen. Es gibt viele Hunde. Die Mönche und Nonnen und Spiritual Worker, die dort auf der Farm leben, kümmern sich um sie.
Menschen aus aller Welt kommen dort immer wieder zu Retreats zusammen, um zu meditieren, gemeinsam zu praktizieren und sich in Gleichmut zu üben. Das macht den Reiz dieses Ortes aus. Die Meisterin, die das Kloster leitet, ist Supreme Matriarch Ji Kwang Dae Poep Sa Nim, geboren 1946 in Südkorea. Bereits im Alter von 18 Jahren erhielt Dae Poep Sa Nim die formale Anerkennung der Erleuchtung. Eine solche Ausstrahlung von liebevoller Klarheit und Ruhe habe ich bisher bei keinem anderen Menschen gesehen.
Gleichmut im sozialen Buddhismus
Dae Poep Sa Nim lehrt den sozialen Buddhismus. Er ist eine Verbindung aus traditioneller Buddhistischer Weisheit mit einer gewissen Anpassung an unser heutiges soziales Leben im Westen. Die spirituelle Praxis wird in den normalen Alltag integriert. Zum Übungsweg gehört es, in jeder Situation mit Gleichmut angemessen und klar zu handeln. Und andere zu unterstützen, was bedeutet, Bodhisattva-Handlungen auszuführen. Die Praxis zielt darauf ab, anderen ohne Unterscheidung in einem großzügigen, liebevollen Geist zu begegnen.
Einmal erscheint jemand nicht zum Küchendienst. Ich weiß das, weil ich auch gerade eingeteilt bin. Grrrr. Wir anderen müssen also mehr und schneller arbeiten, damit wir rechtzeitig vor der nächsten Meditationseinheit fertig werden. Das zeigt mir mal wieder sehr deutlich, wie Systeme ineinandergreifen. Überall auf der ganzen Welt ist das so. Wo auch immer sich einer mehr Freiheiten herausnimmt, wird’s für die anderen enger… Alles wirkt sich wieder auf etwas anderes aus. Es gibt nichts, das nicht „bezahlt“ werden muss. Doch das Bewusstsein dafür muss man erst entwickeln.
Zeremonien und Arbeitseinheiten
Vor den Zeremonien werden Kuchen gebacken und verziert. Das duftet köstlich. Überall sitzen Leute beisammen, plaudern, trinken, rauchen. Alles verläuft stetig, selten gibt es Hektik. Es ist erstaunlich, wie viel die Mönche und Nonnen gemeinsam mit den Retreatbesuchern dennoch gewuppt kriegen. Gerade wird eine riesige neue Buddhastatue gebaut. Momentan wird noch am Fundament gearbeitet.
Das Gelände ist sehr weitläufig. Die Gehstrecken sind enorm. Zwischen Tempel und Plaza, wo es die Mahlzeiten gibt, liegen geschätzte 400 Meter. Mein Fitness-Tracker zeigt täglich zwischen 8 und 10 Kilometer an. So ganz nebenbei. Ohne das Marschgefühl einer Wanderung. Dabei kann auch der Geist zur Ruhe kommen und man kann durchatmen. Außer wenn die qualmenden Golfcars, die einige Praktizierende und dort lebenden Menschen sich angeschafft haben, vorbeiknattern. Dann hält man lieber einen Moment den Atem an.
Gleichmut muss man sich erarbeiten
Am Anfang des Aufenthalts steigt das negative Denken ins Bewusstsein. Dieser Ort ist so rein, dass jegliche Verschmutzung im eigenen Geist quasi anfängt zu klirren. Urteile, die man gefällt hat, Gedanken, die man immer wieder denkt, negative Gefühle, die hochkommen… All das wird bewusst. In der täglichen Praxis bereut man all dies, für das man verantwortlich ist und was man an negativen Dingen getan und gesagt hat. Das ist nicht angenehm, aber es reinigt den Geist. Und es wäscht das negative „Karma“ weg, wie es heißt.
Nach ein paar Tagen verschwinden die negativen Gefühle weitgehend. Es kehrt Ruhe ein im Geist. Jedenfalls immer wieder. Ich sehe auf einmal viel größere Zusammenhänge und erkenne Ursachen, die mich zum heutigen Punkt in meinem Leben geführt haben.
Im Tempel vor den großen Buddha-Statuen sitzend konzentriere ich mich darauf, meinen Geist zu öffnen. Keine Unterscheidungen zu machen. Kein Mögen und Nichtmögen zuzulassen. Nicht an der Vergangenheit haften zu bleiben. Mich nicht von der Zukunft einfangen zu lassen. Keine Befürchtungen zu hegen. Einfach nur wahrzunehmen, was JETZT im Augenblick gerade ist. Zuversicht zu nähren. Klarheit entstehen zu lassen. Und dann drängelt sich eine Frau im Tempel neben mich und schubst mich aus Platzmangel etwas zur Seite…
Grrrrrrrrrrrrrrr…
Genau in diesen Momenten kann man besonders gut üben, den Geist ruhig zu halten und Gleichmut zu entwickeln. Gerade auch bei den Dingen, die einem nicht in den Kram passen. Und wenn ein negatives Gefühl aufwallt, es schnellstmöglich niederzulegen und zu versuchen, die Situation nicht aus dem Affekt heraus zu lösen.
Planung geht auch anders
Ich meditiere ins neue Jahr hinein. Der beste Jahresstart, den ich ich mir denken kann. Eigentlich will ich meine Jahresplanung in dieser reinen Umgebung fertig machen. Doch das lasse ich bleiben. Aber nach meiner Rückkehr schüttle ich die wichtigen Punkte für meine nächsten Projekte quasi aus dem Ärmel. Ganz leicht. Ruhe und Klarheit im Geist ist ganz offensichtlich eine gute Basis für schnelles Arbeiten… Klar sein bedeutet, nicht abgelenkt sein von unnützen Gedanken, Befürchtungen oder Wünschen. Wenn du klar bist, dann weißt du genau, was zu tun ist. Das ist eine ganz andere Herangehensweise an die Dinge.
Am Ende meines Aufenthalts sagt jemand „du siehst total erholt aus“. Wie schön, denke ich. Wenn der Geist entspannt ist, dann entspannt sich auch der Körper. Und vor allem die Gesichtszüge. Die feuchte und extrem saubere Luft tut ihr Übriges. Der Sternenhimmel ist unbeschreiblich. Nicht umsonst steht dort das Mauna-Kea-Observatorium mit den größten Teleskopen der Erde. Keinerlei Luftverschmutzung stört dort die Sicht in die Weiten des Universums.
Ich werde in meiner täglichen Übungspraxis an diesen klaren Ort andocken, um diese Ruhe immer wieder in mir zu finden.
Hast du auch einen solchen Ort, wo du im Geist zur Ruhe kommen kannst? Wo du einen klaren Rahmen bekommst? Wo du meditierst anstatt zu grübeln. Wo du auftankst anstatt Energie zu verlieren? Wo ist der? Schreibst du‘s mir im Kommentar?
Und wenn du für dich einen Entwicklungsrahmen für deinen Alltag hier im Land suchst, empfehle ich dir meine…
Coachingausbildung
Um deinen Geist zu lenken, dich zu reflektieren, Gleichmut zu entwickeln und auch anderen zu helfen, ist sie genau richtig. Du bekommst wöchentlich Impulse für deine Entwicklung als Coach. Diese unterstützen dich, in dir selbst die Ruhe und Klarheit zu entwickeln, die du als guter Coach brauchst. So kannst du am Ende dich und andere besser verstehen und hast eine Menge guter Coachingtools, mit denen du effektiv arbeiten kannst. Dabei zeige ich dir auch die großen Zusammenhänge hinter den Dingen.
Willst du mehr darüber erfahren? Dann schau dir das hier an!
Hanne Demel
Kommentare